Rastlos fürs Regionale:
Interview mit I-KU Mitglied Wilken Straatmann
Wilken Straatmann
- geboren in Hamburg, nicht mehr ganz so jung wie er sich selber fühlt
- hat Bankkaufmann gelernt und Juristerei bis zum 2. Staatsexamen studiert
- nach wenigen Jahren hat er in einer auf Südamerika spezialisierten Bank den Osten Deutschlands aufgesucht
- bei seinen Beiträgen zur Umwandlung der Staatswirtschaft die „neuen Bundesländer“ lieben gelernt und zur „neuen Heimat“ erkoren
- irgendwann die Juristerei an den Nagel gehängt und sich Themen der Kultur im allgemeinen und des Museumswesens, der Denkmalpflege und der Nachhaltigkeit im besonderen zugewandt
Lieber Wilken, du bist seit knapp 2 Jahrzehnten engagierter Mitstreiter in der Region und für die Region. Was hat dich als Hamburger in den Fläming gezogen?
Wie das so ist mit den Weichenstellungen im Leben, deren Konsequenzen man nicht absehen kann. 1992 hatte ich mich entschlossen, nach Berlin zu gehen, weil mich der Vereinigungsprozess faszinierte. Dabei hatte ich mit einigen Industrieunternehmen zu tun und kam so zu Themen wie Industriegeschichte und -kultur. Einige Jahre habe ich einen Verein der Brandenburgischen Industrie- und Technikmuseen mitgeleitet, wozu auch das Museum Glashütte gehörte. Bei einem Besuch dort endeckten meine damalige Partnerin und ich ein Schild „Es werden noch engagierte Einwohner gesucht“ (ich glaube, damals wurde zum Glück noch nicht gegendert) und sechs Wochen später zogen wir um. Es lag letztlich an der geradezu magnetischen Ausstrahlung dieses Denkmalortes. Damals wusste ich noch gar nicht, dass die Gegend hier „Fläming“ heißt. Heute bin ich sehr froh darüber, mich für Kultur, Natur und Tourismus einsetzen zu können.
Du hast dich insbesondere auf das Thema Regionalität gestürzt. Was bedeutet für dich „regional“ bzw. was willst du in diesem Feld erreichen?
Ich empfinde es als ein starkes Signal, dass sich die Stadt Baruth als „Global Nachhaltige Kommune“ positioniert. Da dieses Statement aber vor allem das Verwaltungshandeln betrifft, finde ich, dass auch aus dem bürgerschaftlichen Bereich heraus Zeichen gesetzt werden sollten. So habe ich mir Gedanken gemacht, welche der 17 Nachhaltigkeitsziele (SDG) man wie unterstützen kann. Das Thema Regionalität erschien mir besonders attraktiv für die Mitmenschen vor Ort, zumal auch Baruth und der Landkreis in ihren Nachhaltigkeitsstrategien Themen wie fairer Handel herausheben. So haben Anja Osswald und ich gemeinsam den Regionalmarkt aus der Taufe gehoben, der nun seit 2021 von April bis September einmal im Monat in Glashütte (mit Förderung der Stadtstiftung Baruth/Mark) stattfindet. Allerdings reicht das natürlich nicht aus, um sich regelmäßig regional zu versorgen. Deswegen plane ich mit einem Partner noch in diesem Jahr einen festen Regionalladen zu etablieren, der an mehreren Tagen in der Woche geöffnet haben wird.
Wenn du fragst, was mir regional bedeutet, so ist das für mich die entscheidende Kategorie, um sich mit einer Ware zu identifizieren und ihr und Ihrer Entstehung die notwendige Achtsamkeit entgegenzubringen. Bei Lebensmitteln ist mir regional noch wichtiger als „Bio“, da ich die Erzeuger kenne und weiß, dass sie nicht mit Pestiziden arbeiten (sich allerdings den Aufwand einer Bio-Zertifizierung nicht leisten können).
Wird es im nächsten Jahr wieder den „Radikal Regional“- Markt geben
Ganz sicher – wenn uns die Stadtstiftung weiter zur Seite steht. Der Zuspruch von Konsumenten wie von Standbetreibern ist sehr ermutigend. Sogar bei miesem Wetter ist die Stimmung gut, dafür sorgt die schöne Situation auf dem Dorfanger in Glashütte. Wir sind eine tolle Gemeinschaft geworden und werden uns bemühen, das noch mehr nach außen zu vermitteln und noch mehr Besucher hierher zu ziehen!
Was wünscht du dir für die Region in den kommenden Jahrzehnten?
Ich wünsche mir, dass die Region in Sachen Nachhaltigkeit eine Pilotfunktion entwickelt. Die Ausgangslage ist ja nicht schlecht. Die Landkreise Teltow-Fläming und Elbe Elster, die Stadt Baruth und die Kommunen Nuthe-Urstromtal und Großbeeren haben sich als global nachhaltig definiert. Dieses Engagement sollte gebündelt und die Bürger abgeholt werden, um gemeinsam eine Strahlkraft für eine nachhaltige Zukunft zu entwickeln.