Visionen sind schön, machen ist besser!

Ein fiktives Interview mit Anja Osswald, Vorstand im I-KU seit November 2021

Dr. Anja Osswald…

…ist promovierte Kunst- und Kulturwissenschaftlerin. Sie war Assistentin für Medientheorie an der UdK Berlin und hat viele Jahre für eine große Berliner Kommunikationsagentur Konzepte in den Bereichen Innovation und Business Development entwickelt. Ihr Instinkt für zukunftsrelevante Fragen führte sie schließlich zur Beratung von Organisationen in Transformationsprozessen.

Abgesehen von ihren beruflichen Verpflichtungen pendelt sie als leidenschaftliche Netzwerkerin und kommunikative Brückenbauerin seit 17 Jahren zwischen Berlin und Baruth. Anja hat als Gründungsmitglied des I-KU gemeinsam mit Karsten Wittke die „Baruther Gespräche“ iniziiert und schreibt als Autorin und Bloggerin zu Themen an der Schnittstelle von Ästhetik und Technologie, Kunst und Ökologie sowie Stadt- und Regionalentwicklung

Seit November 2021 ist sie Vorstand im I-KU

Was bedeutet das I-KU für dich, Anja?

Das I-KU ist für mich zunächst einmal ganz viel persönliche Geschichte. Ich bin im I-KU von Anfang an dabei gewesen und erinnere mich gut an die ersten Jahre, als wir mit viel Herzblut die „Baruther Gespräche“ ins Leben gerufen und ökologische Themen mit Kulturthemen verbunden haben. Dabei ging es immer um die Übersetzung von kulturellen und ökologischen Makroperspektiven auf die Bedingungen vor Ort.  Dazu muss man wissen: damals, das waren die Nuller-Jahren, als Berlin und Brandenburg noch Lichtjahre voneinander entfernt waren.  Auf der einen Seite gab es die großen Ideen und Visionen einer Gesellschaft im Wandel und auf der anderen Seite die Realitäten, Bedürfnisse und Wünsche von sozialen Gemeinschaften in ganz konkreten Lebenswelten. Was macht man daraus? Unser Interesse war es, die Makroperspektive mit einer Mikroperspektive zu überblenden, indem wir aktuelle Themen im Hinblick auf die besonderen Bedingungen und Anforderungen in ländlichen Räumen diskutiert haben.

Inzwischen haben sich die Galaxien von „Stadt“ und Land“ aufeinander zubewegt. Hier hat nicht zuletzt die Pandemie einiges an Dynamik gebracht. Die „Energiewende in den Köpfen“ – so die Überschrift des Baruther Gesprächs 2012 – ist für mich immer noch ein genialer Titel, mit dem unsere Arbeit bis heute überschrieben werden kann.

Wie funktioniert die Vereinsarbeit im I-KU?

Unser Weinberg bindet sehr viel Energie.  Anders als bei Tagungen und Kulturprojekten kann man da nicht einfach sagen, „sorry, keine Zeit, ich kümmere mich nächstes Jahr darum…“

Die Pflanzen leben und brauchen Pflege. Immer, jedes Jahr. Neben unseren Vereinsmitgliedern leisten unsere Rebpaten und ehrenamtlichen Helfer hier einen ungeheuer wichtigen Beitrag, ohne den der Weinberg nicht bewirtschaftet werden könnte.

Glücklicherweise haben wir mit meiner Vorstandskollegin Ragna Haseloff und Horst Heinisch, beide Landschaftsarchitekten, zwei Vollprofis im Verein, die nicht nur in der Pflanzenpflege bewandert sind, sondern auch so wichtige Dinge wie die Bewässerung des Weinbergs oder die Anschaffung eines Traktors angeschoben haben.

Das ist für mich überhaupt eines der wichtigsten Merkmale unseres Vereins: wir sind undogmatisch und uneitel. Jeder bringt sich mit seinen Kompetenzen ein. Egal, ob aus der Perspektive der Architektur oder der Landschaftsgestaltung, der Kulturwissenschaft oder Geographie, des Designs oder der Softwareentwicklung – alle I-KU’s verbindet der Transformationsgedanke: Wie können Lebens-Räume zum Besseren gestaltet werden?   

Das ist das verbindende Prinzip.

Du hast in den vergangenen 20 Jahren vor allem in Berlin gearbeitet. Was motiviert dich als neue Vorständin im I-KU ?

Für mich stellt die Arbeit im und für den Verein eine ungeheure Bereicherung dar. Ich treffe in Baruth auf Menschen, die wirklich etwas bewegen wollen. Anders als in Berlin sind die Wege kürzer, eingebrachte Ideen stoßen auf offene Ohren. Ich bin begeistert von der Motivation, mit der Projektanträge in der Kommune und im Landkreis  – durchaus kritisch – diskutiert und dann aber auch umgesetzt werden. Als wir am Ende des vergangenen Jahres für unser Projekt lebens.mittel bei der Stadt Baruth/Mark um Unterstützung warben, wurde ziemlich schnell ein Budget zur Pflege der lokalen Streuobstwiesen bewilligt. Seitdem haben wir in der Baruther Stadtverwaltung den stärksten Promotor für unser Projekt.

Es ist schön, zu erleben, wenn alle an einem Strang ziehen. Das „Obstblütenpicknick“ am kommenden Sonntag ist dafür der beste Beweis. Hier realisiert das I-KU gemeinsam mit der Stadt Baruth eine Veranstaltung, bei der regionale Ess- und Trinkkulturen sich verbinden mit den Geschichten zur Tradition und zur Pflege von Streuobstwiesen, mit Erzählungen zu Biodiversität aus der Sicht eines Imkers und den Bildern und Zeichnungen von Kindern und Jugendlichen, die einen unverstellten Blick auf die im Schwinden begriffenen sogenannten „natürlichen Ressourcen“ werfen. Das „Obstblütenpicknick“ ist eine Veranstaltung für alle – und mir allen, die Lust haben, sich einzubringen.

Was ist deine Vision für die Zukunft?

Um ehrlich zu sein: ich habe keine. Was ich habe, ist ein Macher-Gen. Als Zukunftsforscherin war ich jahrelang damit beschäftigt, für Unternehmen und Organisationen mögliche und wünschbare Zukünfte zu entwerfen. Dabei habe ich die Erfahrung gemacht, dass man ganz viel denken und entwerfen kann. Aber dass am Ende nur das zählt, was man auch umsetzen will. Walt Disney hat einmal gesagt: „If you can dream it, you can do it”. Das stimmt. Aber das „do it!“  ist ein Imperativ.

Dieser Imperativ motiviert meine Arbeit. Gemeinsam mit meinen Vereinskollegen möchte ich in den kommenden Jahren den GOLDSTAUB als DEN regionalen Wein etablieren, an dem niemand mehr vorbeikommt, der sich für regionale Produkte interessiert. Und ich möchte das Projekt lebens.mittel mit tollen Kollegen und Projektpartnern verstetigen und vor allem junge Leute dazu motivieren, sich zuhause, in ihrer Region, zu engagieren.