Jeder Tag ist wie Hochleistungssport:
Interview mit der MAZ-Redakteurin Jutta Abromeit
Jutta Abromeit
* 1959 in Ludwigsfelde als älteste von drei Schwestern geboren
– sportlich 1966 angefangen als Leichtathletin bei Einheit, später Kali Wolmirstedt
– 1974 den Sportclub Berlin-Grünau wegen eines Beitrags in der Jugendzeitung »Junge Welt« angeschrieben; daraufhin
zum Eignungstest eingeladen
– Seit 1975 beim SC Berlin-Grünau
– 1984 geheiratet. Hochzeitsreise über den Atlantik mit der letzten Fahrt der »Völkerfreundschaft« (DDR-Pendant zum ›Traumschiff‹)
– 1986 Start bei der Lokalredaktion der »Märkischen Volksstimme« in Zossen
– seit 1990 Lokalredakteurin bei der Märkischen Allgemeinen Zeitung MAZ
Liebe Frau Abromeit, von regional bis global – es gab jede Menge herausfordernde Themen für Journalisten in 2022. Was hat Sie im vergangenen Jahr am meisten beschäftigt?
Auch wenn das an den Beiträgen in der MAZ zahlenmäßig nicht erkennbar ist: der Krieg in der Ukraine. Und die großen Themen für Baruth natürlich: die drohende Schließung und die anschließende Rettung der Urstromquelle, das Suchen nach künftigen Energieformen mit dem gesamten Thema Wasserstoffproduktion sowohl in Baruth als auch bei der BAM auf dem Testgelände Horstwalde.
Sie blicken auf eine lange Laufbahn als Spitzensportlerin zurück. Vor knapp 40 Jahren haben Sie mit dem Rudern angefangen – und sind bis heute dabeigeblieben. Was fasziniert Sie am Rudersport?
Im Kern das, was 1896 schon der Begründer der Neuzeit-Olympiade, der Fechter Pierre de Coubertin meinte: »Rudern sollte der Lieblingssport unserer jungen Leute werden, da keine andere Sportart ihnen die physischen und moralischen Qualitäten vermittelt, die sie brauchen: Energie, Initiative, Kraft und Gesundheit.«
Spaß beiseite, so hochtrabend will ich es gar nicht sagen. Für mich zählt beim Rudern das Bewegen an frischer Luft. Man muss Wind, Wasser, Boot, Körper und Verkehr koordinieren, also mental ganz bei der Sache sein. Meist ist man mit anderen im Boot und stimmt sich wie bei einem Orchester wortlos ab. Außerdem kann man kann sitzen und muss sich nicht auf seinen Beinen durch die Landschaft quälen. Und zudem ist bei diesem Sport meine Größe kein Makel, sondern Vorteil.
Wie kommt eine Hochleistungsruderin zum Journalismus? Gibt es Parallelen oder ist eher das Kontrastprogramm reizvoll?
Nach dem Ende meiner Laufbahn als Leistungssportlerin wollte ich eigentlich zur Autowerk-Betriebszeitung »Start« in Ludwigsfelde, weil ich so Beruf und Familie an einem Ort gehabt hätte. Aber die Partei entschied anders und ich kam zur »Märkischen Volksstimme« nach Zossen. Im Nachhinein bestätigte sich ein Spruch meines Vaters: Ist der Schaden noch so groß, einen Vorteil gibt’s immer. Denn die Betriebszeitung wurde 1991 eingestellt – die MAZ gibt es immer noch. So haben mir die fünf Jahre Zusatzbelastung den Job gerettet.
Um auf Ihre Frage zurückzukommen: Der Medienalltag ist in den vergangenen 10-15 Jahren immer zeitintensiver und komplexer in den Anforderungen geworden. Jeder Tag ist wie Hochleistungssport. Trotz zig unvorhersehbarer Dinge muss man um 17 Uhr, spätestens 18 Uhr mit dem Wichtigsten durch sein. Da ist praktisch jeden Tag Zieleinlauf.
Wo sehen Sie die zentralen Herausforderungen für die Region in den kommenden 10 Jahren?
Jede Gemeinde hier in der Zuzugsregion muss es schaffen, genügend Kita- und Schulplätze anzubieten. Die Infrastruktur mit Schienen, Busverbindungen und Radwegen muss einen gewaltigen Schub bekommen, es muss Wasserstoff produziert werden und bei all dem sollten die Menschen miteinander fröhlicher umgehen, als es im Moment oft der Fall ist. Da sehe ich in Baruth mit dem Aktivieren alter Streuobstwiesen, mit Glashütte, der Alten Schule, dem Weinberg und dem Wildpark, den tollen Eisdielen, dem Alten Schloss, mit Dampflok-Fahrten oder so vielen aktiven Dorfgemeinschaften wie in Petkus, Schöbendorf, Paplitz oder Mückendorf ganz viel Hoffnung.