Kommunal global nachhaltig:

Interview mit Karsten Wittke, Nachhaltigkeitsbeauftragter der Stadt Baruth/Mark

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Karsten Wittke

*1958
Studium der freien Malerei an der HDK Berlin

• Nach längeren Arbeitsaufenthalten in New York und Köln wieder ab 1993 in Berlin

• Seit 2000 Hauptwohnsitz in Baruth/Mark

• Künstlerische Zusammenarbeit in wechselnden Arbeitsgemeinschaften mit Architekten in Bauvorhaben und Landschaftsarchitektur in ganz Deutschland 

• Partizipative Kulturprojekte im ländlichen Raum, Schwerpunkt Baruth/Mark und Brandenburg

• Seit 2018 Koordinator kommunaler Entwicklungspolitik der Stadt Baruth/Mark

Karsten Wittke ist mit Annette Braemer -Wittke verheiratet und Vater von den beiden jungen Erwachsenen Charlotte und Adam

Baruth ist seit 2019 Global Nachhaltige Kommune und du bist bei der Stadt der verantwortliche Mitarbeiter für die damit verbundenen Aufgaben. Welche sind das?

2019 hat die Baruther Stadtverordnetenversammlung beschlossen, die Musterresolution »Global nachhaltige Kommune« zu zeichnen. Damit wurde ein Zeichen gesetzt, die Kommune im Sinne der Agenda 2030 und der 17 Nachhaltigkeitsziele zukunftsfähig zu entwickeln. Die gesamte Initiative wird federführend von der Servicestelle »Kommunen in der Einen Welt« geleitet. Aktuell sind etwa 130 Kommunen beteiligt – angesichts von etwa 11.000 Kommunen in Deutschland gibt es da also noch deutlich Luft nach oben. 

Eine Aufgabenstellung ist mit diesem »Markenprofil« nicht direkt verbunden, vielmehr soll die Entwicklung eigentlich von interessierten Akteuren mit Ideen und Initiativen vorangebracht und im Sinne einer Nachhaltigkeitsstrategie umgesetzt werden.

Meine Aufgabe innerhalb der Verwaltung der Kommune ist es dabei, diesen Prozess zwischen Verwaltung, lokaler Politik, Zivilgesellschaft und weiteren Akteuren – zum Beispiel aus der Wirtschaft – zu kommunizieren und so weit wie möglich zu koordinieren. 

›Global‹ hört sich nach ganz schön viel an – was bedeutet das konkret für deine Aufgabenbereiche?

Warum hört sich ›Global‹ nach viel an? Es gilt ja in diesem Nachhaltigkeitsprozess Schwerpunkte zu setzen und da ist Baruth/Mark mit der globalen Partnerschaft Murun in der Mongolei und einer lokalen Agenda vor Ort doch ganz gut aufgestellt – auch um sich im globalen Kontext als Kommune selbst reflektieren zu können.

Derzeit befindet sich die »Baruther Nachhaltigkeitsstrategie« in Arbeit. Was können sich Laien darunter vorstellen? Worin bestehen die zentralen Herausforderungen?

Das ist eine sehr gute Frage, denn die zentrale Herausforderung ist in der Tat die strategische Verankerung der als sehr abstrakt wahrgenommenen 17 Nachhaltigkeitsziele in der kommunalen Entwicklung. Eng damit verbunden ist auch ein zukunftsorientiertes Verwaltungshandeln. 

Zur Zeit arbeitet in Baruth ein kleines Kernteam, unterstützt und beraten durch die SKEW, an einem Entwurf für eine nachhaltige Handlungsstrategie. Die Ergebnisse werden im Juni auf der Webseite der Stadt Baruth unter der Rubrik Nachhaltige Kommune öffentlich gemacht und zeitnah in der Stadtverordnetenversammlung zur Diskussion vorgestellt. Die Strategie lässt sich mit einer vorbereiteten Wanderung vergleichen: Es gibt Eckdaten, Ziele, Etappen; daneben spielen auch Komponenten wie Vorräte und körperliche Verfassung eine Rolle.

Wo steht die Kommune, was gibt es bereits – die sogenannte Bestandsaufnahme – was sind unsere Schwerpunktthemen und was kann wie realistisch umgesetzt werden? Schlagworte dazu wären Wasserversorgung und Trockenheit, klimaresiliente Methoden in Land- und Forstwirtschaft, Energie und kommunale Autarkie, regionale Wertkreisläufe, Bildung für nachhaltige Entwicklung und neue Arbeitswelten sowie globale Partnerschaften. 

Du warst jahrzehntelang als freischaffender Künstler tätig und bist jetzt Verwaltungsangestellter. Wieviel Kreativität verträgt die Verwaltungsarbeit bzw. wieviel davon braucht sie?

Kreativität ist eine wunderbare menschliche Ressource, die aktiviert, Spaß macht und tatsächlich auch Veränderung bewirken kann. Dabei betrachte ich Kreativität nicht als Privileg der Künste, sondern als grundlegende menschliche Eigenschaft.

Als bildender Künstler bin ich genauso einem ›Berufsbild‹ zugeteilt wie jetzt als Angestellter einer Verwaltung. Als freier Künstler bin ich sozusagen per se zu Kreativität verpflichtet – also mit schöpferischer Kraft etwas Neues zu schaffen. An meinen Antworten auf die vorangegangenen Fragen lässt sich ablesen, dass die Aufgabe, Nachhaltigkeit real umzusetzen, gar nicht so weit entfernt vom Konzept der Kreativität ist. Die Rahmenbedingungen sind anders, aber der Raum, um diese Aufgabe zu gestalten, wurde mir anvertraut. Und da wird Kreativität dann zwangsläufig zu einer zentralen Kompetenz, denn es gibt keine Anweisungen und verbindlichen Rezepte, wie das eigentlich alles in Kommunen umgesetzt werden soll. 

Was sind deine ganz persönlichen Visionen für eine nachhaltige Zukunft?

Da Zukunft bereits mit dem heutigen Tag beginnt, muss es darum gehen, den Hebel so schnell wie möglich umzustellen und unser Raumschiff Erde auf Überlebensmodus zu schalten!