Zwischen Tradition und ökologischen Umbrüchen:

Interview mit dem Landwirt und I-KU-Mitglied Daniel Schacht

daniel

Daniel Schacht

* 1984

2003-2007 Studium Agrarwirtschaft an der HTW Dresden

Danach Reisen, längerer Aufenthalt in Neuseeland

2008 Einstieg in den elterlichen Betriebs

Seit 2014 Stadtverordneter der Stadt Baruth/Mark

Fraktionsvorsitzender und Mitglied Hauptausschuss

Seit 2015 I-KU Mitglied

Landwirtschaft ist ja ein weites Feld. Was bedeutet Landwirtschaft für dich und wo liegen deine Schwerpunkte?
Ich wollte schon immer Landwirt werden. Schon mit 10 Jahren, als wir in der Schule ein Formular ausfüllen sollten, habe ich als Berufswunsch Landwirt angegeben. Nach dem Studium bin ich 2008 in den elterlichen Betrieb eingestiegen, die Baruther Urstromtal Rinderhaltung GmbH.

Wir bewirtschaften gut 2000 ha, die wir zum großen Teil gepachtet haben, davon sind 650 ha Grünland. Außerdem noch 400 ha Grünland eines Nachbarbetriebes zur Bewirtschaftung. Auf dem gesamten Grünland weiden unsere Mutterkühe. Neben der Rinderhaltung ist unser zweiter Schwerpunkt der Pflanzenbau. Wir bauen vor allem Möhren, Kartoffeln und Rote Beete an. Daneben noch ein bisschen Gerste, ein bisschen Raps, Mais und Roggen – die normalen Ackerbaukulturen. Die meisten Produkte, die wir haben, bleiben hier in der Region. Die Kartoffeln gehen zur Stärkefabrik nach Golßen, die Möhren und die Rote Beete werden am Rand von Berlin zu Saft verarbeitet. Und ein Großteil unseres Getreides geht zu einer kleinen Mühle nach Kummersdorf.

Was sind Deine Forderungen an die Politik?
Ich wünsche mir weniger ideologiebetriebene Politik und mehr Sachkompetenz in politischen Entscheidungen. Lass‘ mich das an einem Beispiel erläutern: Seit Januar dieses Jahres haben wir die Mutterkühe und das Grünland auf ökologischen Landbau umgestellt. Dazu muss man sagen, dass wir schon lange extensive Grünlandbewirtschaftung betreiben, d.h. unsere Kühe stehen das ganze Jahr draußen auf der Weide. Da wird weder künstlich zugefüttert noch gespritzt. Allerdings ist für diese Art der Bewirtschaftung zum Ende des vergangenen Jahres die Förderung ausgelaufen, so dass wir jetzt den längeren Weg einer Zertifizierung für den „ökologischen Landbau“ wählen mussten, um eine entsprechende Förderung zu erhalten. Wir machen also landwirtschaftlich gesehen im Prinzip das gleiche, haben aber nun viel mehr bürokratischen Aufwand, um einen ähnlichen Fördersatz zu erhalten, den wir vorher auch schon hatten. Für uns Landwirte ist es sehr ärgerlich, wenn funktionierende Fördersysteme eingestampft und durch neue ersetzt werden. Daran verdienen in erster Linie Steuerberater und Zertifizierer. Schade, dass die Politik da nicht mit sinnvollen Maßnahmen gegensteuert.

Mein größter Wunsch an die Politik ist, dass mehr Kontinuität und fachliche Kompetenz eine Rolle spielen. Viele Entscheidungen laufen auf ein schwarz-weiß hinaus. Das sind oft marketinggetriebene Entscheidungen, die sich an ein paar Leuchttürmen der „ökologischen Landwirtschaft“ orientieren – ein intelligenter Mittelweg wird viel zu wenig gewählt. Irgendwie hat man das Gefühl, es ist immer weniger wichtig, was draußen wirklich passiert. Das nervt.

Wie beeinflusst der Klimawandel die Landwirtschaft in der Region?
Die Humboldt Universität zu Berlin hat in Thyrow bei Ludwigsfelde einen großen Versuchsstandort, an dem die Auswirkungen des Klimawandels erforscht werden. Der Standort wird von einem ehemaligen Landwirt geleitet, mit dem wir in engem Austausch stehen. Die Untersuchungen dort zeigen, dass die Niederschlagsmenge übers Jahr gesehen eher konstant bleibt, oder vielleicht sogar ein bisschen steigt. Allerdings ist die Verteilung des Regens eine Katastrophe. Das heisst, es gibt auf der einen Seite immer heftigere kurze Perioden mit Starkregen und auf der anderen Seite immer längere Trockenphasen. Das größte Problem sind allerdings die steigenden Temperaturen. Nach den aktuellen Berechnungen hat Brandenburg heute schon eine Klimaerwärmung von zwei Grad. Und wenn man nur die letzten vier Jahre betrachtet sogar 2,8 Grad!

Die Kühe kommen mit der Hitze nur bedingt klar. Im Moment hat das aber noch keine unmittelbaren Auswirkungen. Schwerer wiegt mittelfristig das Problem der Futterbeschaffung, denn in dürren Sommern wächst einfach auch weniger Gras und anderes Futter für die Tiere. Da müssen wir in Zukunft Puffer schaffen, um die Versorgung zu sichern. Was die Spezialkulturen wie Kartoffeln, Möhren, Rote Beete angeht, haben wir das Glück, dass diese in der Region durch Bewässerung gesichert sind. Da sind wir durch die gute Grundwasserneubildung in Norddeutschland noch in einer vergleichsweise günstigen Situation. Schwerer trifft es den gesamten Getreidebau. Für den Roggen beispielsweise sinkt das Ertragsniveau stetig und es stellt sich die Frage, wie lange sich der Anbau noch rechnet. Alternativen wären Kichererbsen, Soja, Lupinen oder auch Linsen, der Anbau wäre aber derzeit noch durch einen enormen Ertragsverlust verbunden.

Wäre Weinanbau eine Alternative?
Auf jeden Fall, denn aufgrund des Klimawandels wird der Anbau von Rotwein in Norditalien in den kommenden Jahrzehnten wahrscheinlich schwieriger, und man kann davon ausgehen, dass entsprechende Anbauflächen sich in Richtung Süddeutschland verschieben. Der Weißwein wandert zu uns in den Norden. Für mich ist das allerdings keine Alternative, denn Weinbau ist verbunden mit sehr viel Handarbeit, fordert also einen intensiven Personaleinsatz. Angesichts des aktuellen Arbeitskräftemangels, der in den kommenden Jahren voraussichtlich noch zunehmen wird, ist das für meinen Betrieb keine Option. Zumindest nicht, solange ein Großteil der mit dem Weinbau verbundenen Tätigkeiten nicht mechanisiert ablaufen kann.

Zum Schluss ein Sprung die Zukunft: Was wünschst du dir für die Landwirtschaft in dreißig Jahren?
Wenn es die Landwirtschaft, wie wir sie heute kennen, dann noch geben wird, wäre mein Wunsch, dass der Flächenverbrauch der landwirtschaftlichen Nutzflächen endet. Konkret bedeutet das: keine weitere Umwandlung von Ackerflächen durch Windkraft und PV-Anlagen, Stopp von Aufforstung und von A+E Maßnahmen auf Ackerland und Stopp von Versiegelung durch Bauland, Straßenbau etc.

Es wäre schön, wenn mein Betrieb, so wie er heute ist, auch in den kommenden Jahrzehnten so fortbestehen könnte und ich dabei nicht zum Knecht von großen Investoren geworden bin.