Vorausschauendes Wassermanagement für Baruth:
Interview mit Frank Zierath, Werkleiter WABAU der Stadt Baruth/Mark
Wenn einer in Baruth weiß, wie viel Wasser woher kommt und wofür es verwendet wird, dann ist das Frank Zierath. Der gebürtige Jenaer Diplom-Ingenieur, der an der Fachschule für Melioration in Fürstenwalde studiert hat und sich somit auch mit den Problemen der Melioration des Urstromtales auskennt, ist Werkleiter im Eigenbetrieb WABAU der Stadt Baruth und dort für die kostbare Ressource Wasser verantwortlich. Er betreut die entscheidenden Wasser-Projekte nicht nur lokal, sondern koordiniert auch entsprechende Entwicklungsprojekte in Murun, der Partnerstadt Baruths in der Mongolei, in Kawe in Sambia (Betreiberpartnerschaft über die GIZ) und in Husyatyn in der Ukraine (Solidaritätsbetreiberpartnerschaft über die GIZ).
In Zeiten des Klimawandels machen die Klagen über Wassermangel und Bodenerosion auch vor dem Baruther Urstromtal nicht halt. Eigentlich war das Urstromtal einmal eine extrem wassereiche und fruchtbare Torflandschaft – was ist da hydrologisch in den vergangenen 100 Jahren passiert?
Im Zuge der Melioration in den 1970er und 1980er Jahren wurden große Teile des Baruther Urstromtals mit Grabensystemen durchzogen. Das Grundwasser wurde in weiten Bereichen bis über zwei Meter abgesenkt. Dadurch wurde es möglich, die fruchtbaren Böden des Urstromtals landwirtschaftlich intensiv zu nutzen. Wo früher hauptsächlich sumpfiges Grünland vorherrschte, war jetzt Ackerbau mit Getreide, Kartoffeln und Mais möglich. Der Nachteil zeigte sich im Laufe der Jahre. Durch die Absenkung des Grundwassers wurde der Torfboden mit Sauerstoff versorgt, was durch eine regelmäßige Bodenbearbeitung noch verstärkt wurde. Wird Torf belüftet, mineralisiert er. Dadurch nimmt die Bodenfruchtbarkeit im Laufe der Jahre ab. Außerdem kommt es zu Setzungen in diesen Bereichen. Das kann man in den betroffenen Gemeinden an den Gebäuden beobachten – wie zum Beispiel am Baruther Schloss oder der Kirche, aber auch an vielen alten Wohngebäuden. Um diesen Prozess einer Verschlechterung der Böden aufzuhalten, müsste die Landwirtschaft die Bewirtschaftung der Flächen umstellen. Der Klimawandel wird uns früher oder später dazu zwingen, über solche Veränderungen ernsthaft nachzudenken.
Derzeit gibt es viel Kritik an Unternehmen wie Tesla in Grünheide, die in großen Mengen Grundwasser abziehen. Auch in Baruth werden Wasserreserven von großen Industrieunternehmen angezapft – hier sind vor allem die österreichischen Getränkehersteller Red Bull und Rauch zu nennen, die nach der Übernahme der insolventen Baruther Urstromquelle seit 1. Juli in Baruth produzieren und Wasser entnehmen. Wie beeinflusst die Grundwasserentnahme am Standort Baruth den Grundwasserstand im Urstromtal?
Zuerst möchte ich einmal Folgendes klarstellen: Die Baruther Urstromquelle hat keine eigenen Brunnen und keine wasserrechtliche Genehmigung für die Förderung von Grundwasser in Baruth/Mark. Diese liegen bei der Stadt und sind durch das Land Brandenburg genehmigt. Vorrang hat hierbei immer und grundsätzlich die Trinkwasserversorgung. Dies ist auch in den Verträgen zwischen der Stadt Baruth/Mark und der BUQ geregelt. Außerdem steht am Standort ausreichend Grundwasser zur Verfügung. Dies wird auch in Zukunft so sein. Um dies zu gewährleisten, wird eine flächendeckende Grundwasserüberwachung seit vielen Jahren durchgeführt. Die Ergebnisse sind regelmäßig dem Landesumweltamt vorzulegen. Die Situation in Baruth/M ist also eine andere als bei Tesla!
In der letzten Sitzung vor der Sommerpause hatten wir die Möglichkeit, die Hydrogeologin Frau Dinse in Baruth/M bei der Stadtverordnetenversammlung zu begrüßen. Sie legte anhand von Zahlen und Fakten dar, dass bereits seit 1970 (Beginn der Melioration) die Grundwasserpegel im Urstromtal sinken. Die Frage, ob die Wasserentnahme am Standort des Wasserwerkes etwas mit dem Grundwasserstand im Urstromtal zu tun hat, beantwortete sie mit einem klaren Nein. Weiterhin führte sie aus, dass die Grundwassersituation am Standort des Wasserwerkes Baruth/M auch die doppelte Menge der jetzt genehmigten Menge verkraften könnte. Gegenwärtig wird nur ein Bruchteil der Grundwasserneubildung im zweiten Grundwasserleiter genutzt. Um es nochmal ganz klar zu sagen: die Wasserförderung der Stadt Baruth/M beeinflusst nachweislich nicht den Grundwasserstand im Urstromtal.
Baruth ist als „Global Nachhaltige Kommune“ ein Kompetenzzentrum für das Thema Wasser auch im internationalen Kontext. Welche Projekte liegen da aktuell auf Ihrem Schreibtisch?
Das größte Projekt ist gegenwärtig der Neubau einer Kläranlage für die Getränkeproduktion im Industriegebiet. Diese Anlage wird ca. 2.000 m³ Abwasser am Tag reinigen. Das ist das doppelte der Kläranlage bei Klein Ziescht. Dazu kommt, dass dieses Abwasser durch Zucker sehr hoch belastet ist. Das gereinigte Abwasser wird nach der Reinigung Trinkwasserqualität haben und soll in das Hammerfließgebiet abgeleitet werden. Dadurch werden sich die Grundwasserstände in diesem Gebiet verbessern.
Ein weiteres Projekt betrifft die Energieeinsparung und Eigenproduktion im Bereich der Wasserwerke und Kläranlagen. Hier ist geplant, in den nächsten Jahren die Pumpentechnik durch Pumpen zu ersetzten, die deutlich weniger Energie verbrauchen. Außerdem sollen auf dem Wasserwerk Baruth, dem Rohwasserwerk in Baruth, dem Wasserwerk Groß Ziescht und der Kläranlage in Baruth Solaranlagen und Speicher installiert werden, um den Strombedarf zu senken.
Auch international stehen wichtige Projekte an. Gegenwärtig arbeiten wir eng mit der Wasserwirtschaft in Murun zusammen. Wir haben regelmäßig Fachleute aus der Wasserwirtschaft der Mongolei bei uns zu Gast und schulen sie im Betrieb von Kläranlagen und der Wasserversorgung. Aktuell bauen wir in Murun eine neue Kläranlage gemeinsam mit den Kollegen vor Ort um.
Ein weiteres Projekt zeichnet sich gegenwärtig in Husyatyn in der Ukraine ab. Hier werden 100.000 € Fördermittel durch die GIZ zur Verfügung gestellt. Dies bedeutet eine 100 % Förderung. In diesem Zusammenhang soll die Trinkwasserversorgung für die Stadt unter Kriegsbedingungen umgebaut und ertüchtigt werden. Das ist eine sehr anspruchsvolle und nicht ganz ungefährliche Aufgabe, da wir hierzu auch einige Reisen in die Ukraine unternehmen werden. Das Projekt soll bis Juni 2024 abgeschlossen sein.
Wo sehen Sie als Wasserexperte in den kommenden Jahren den dringendsten Handlungsbedarf zur Sicherung der Grundwasserreserven in der Region?
Hier gibt es viele Möglichkeiten. Der sparsame Umgang mit Grundwasser ist sicher die wichtigste Maßnahme. Es darf auch in Zukunft nicht mehr Grundwasser entnommen werden, wie die Neubildung im Einzugsgebiet hergibt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass nicht nur Industrie und Stadt Grundwasser für die Trinkwasserproduktion entnehmen, sondern auch unzählige Brunnen auf den privaten Grundstücken wie auch die Brunnen für die Bewässerung der landwirtschaftlichen Flächen. Wir werden es uns langfristig nicht mehr leisten können, jede Rasenfläche zu bewässern.
Auch in der Landwirtschaft wird ein Umdenken notwendig. Eine Möglichkeit sind andere Pflanzenarten, die besser mit der Trockenheit zurechtkommen. Darüber hinaus muss vermehrt versucht werden, das Regenwasser in der Region zurückzuhalten, genauso wie das gereinigte Abwasser. Durch die Klimaveränderung kommt es vermehrt zu Starkniederschlägen. Besonders diese Starkniederschläge werden gegenwärtig noch schnell abgeleitet. Das können wir uns in Zukunft nicht mehr leisten. Deshalb braucht es intelligente Maßnahmen, mit denen das Wasser für die Grundwasserneubildung in der Region gehalten wird.
Nicht zu vergessen ist in diesem Zusammenhang auch der Waldumbau. Auf Flächen mit reiner Kiefernforst findet keine Grundwasserneubildung statt. Der Klimawandel wird uns dazu zwingen, auch hier über andere Strategien nachzudenken. Wir werden zukünftig andere Baumarten in unserer Region finden, die mit der Trockenheit und den hohen Temperaturen besser zurechtkommen.
Was ist Ihre Vision für die Region in 2050?
Meine Vision ist eine Landschaft, die weiterhin durch sehr viel Grün und viel Wald sowie klare Seen geprägt ist. Durch Veränderungen am vorhandenen Grabensystem sowie durch Waldumbau wird mehr Grundwasser angereichert und es steht ausreichend Trinkwasser auch für nachfolgende Generationen zur Verfügung. Die Produktion von Bioprodukten ist inzwischen selbstverständlich. Baruth selber ist energieautark durch Solaranlagen auf allen Dächern und nicht auf landwirtschaftlichen Flächen oder vereinzelten Windparks. Die Wasserstoffproduktion in Baruth sorgt dafür, dass durchgehend Strom aus erneuerbarer Energie zur Verfügung steht.