Draussen aktiv sein und gemeinsam etwas schaffen!

Interview mit dem I-KU-Mitglied Gerd Herpay

Gerd Herpay

1959 in Bingen am Rhein (Weinanbaugebiet!) geboren, im Ruhrgebiet aufgewachsen.

1983 nach Westberlin emigriert als Kriegsdienstverweigerer.

In den 1980ern viel in Frankreich auf Weinlesen gewesen, ein Jahr in Portugal gelebt, dort ein paar Monate auf einer LPG gearbeitet, zurück in Berlin als Sozialpädagoge hauptsächlich in der Jugendhilfe bei freien Trägern gearbeitet.

Seit 2012 in der Kreisverwaltung Teltow-Fläming im Jugendamt, dort seit 2023 freigestelltes Personalratsmitglied, nächstes Jahr in Rente.

Naturfreund, Teamplayer, Pädagoge – und dann auch noch aus einer der traditionellen Weinregionen Deutschlands stammend! Gerd bringt Schwung in die Bude. Als Vereinsmitglied sorgt er immer wieder für dringend benötigte Unterstützung, indem er seine Ruder-Kolleginnen und Kollegen zu Pflege- und Ernteeinsätze auf dem Weinberg motiviert. Gerne unternimmt er an den Wochenenden gemeinsam mit seiner Freundin Ausflüge auf den Weinberg und schaut dort der Sonne beim Untergehen und dem Mond beim Aufgehen zu. Wir sind gespannt, was Gerd noch so alles unternimmt, wenn er nächstes Jahr in Rente geht.

Lieber Gerd, du bist vor vier Jahren ins I-KU eingetreten und gehörst seitdem zu den engagiertesten Mitgliedern mit eigenen Ideen. Nach wie vor großartig ist dein Vorschlag, in den Sommerwochen ein Freiluftkino auf dem Weinberg zu starten. Was macht aus deiner Sicht erfolgreiche Vereinsarbeit aus?

Eigentlich sind wir gar nicht so ein typischer Verein, ich glaube, das ist es einfach. Was mich am I-KU beziehungsweise am Weinberg besonders fasziniert, ist, dass wir hier eine bunte Mischung von Leuten vorfinden. Nicht nur Vereinsmitglieder sind hier aktiv, sondern es gibt einen großen Unterstützerkreis, Freunde, Ehrenamtler, Rebpaten, heimische Handwerker/Betriebe und die Stadt Baruth. Der Verein I-KU hat sich in seinem Bestehen immer wieder gewandelt, ist lokal eng vernetzt und hat aber auch seine Verbindungen zur Hauptstadt. Er ist attraktiv für unterschiedlichste Menschen, aus städtischem wie ländlichem Milieu, für Alt und Jung, ob Wessi oder Ossi, das macht für mich das Besondere aus, das macht uns erfolgreich und das sollten wir auch weiter so pflegen.

Rudern ist eine deiner Leidenschaften. Da ist Teamgeist gefragt – alle sitzen buchstäblich in einem Boot und müssen sich aufeinander einstellen. Wo siehst du die Ähnlichkeiten zwischen einem Ruderverein und dem I-KU?

So ganz einfach lässt sich die Frage nicht beantworten, da ich im Unisport und gar nicht in einem Verein ehrenamtlich tätig bin, und das ist ein großer Unterschied. Kein Vereinsmeiermuff, viele junge Leute, der Vereinsrudersport wirkt für mich dagegen doch leider eher in die Tage gekommen und verstaubt. Beim Uni-Rudertreff trifft sich, wer Lust hat, draußen aktiv Sport zu treiben und dabei jedem Wind und Wetter zu trotzen. Beim Mannschaftssport müssen alle aufeinander achten, die gemeinsame Performance steht im Vordergrund und alles geht Hand in Hand, so wie beim I-KU eben. Ich freue mich natürlich, dass seit ein paar Jahren die TU-Ruderer und -Ruderinnen auf dem Weinberg beim Einsatz helfen. Draußen aktiv sein, gemeinsam etwas schaffen und Spaß haben –  ich glaube, das ist die gemeinsame Klammer, neben der Begeisterung für unseren leckeren Wein natürlich.

Teamplay ist auch im sozialpädagogischen Bereich gefragt, zumal wenn es um Jugendliche geht. Als Sozialpädagoge bist du im Kreis-Jugendamt Luckenwalde Teamleiter für Migration. Könnte Vereinsarbeit da vielleicht auch ein Integrationsangebot sein? 

Ich habe da ehrlich gesagt meine Zweifel. Die Kommunen unterliegen insbesondere nach der „Zeitenwende“ einem gewaltigen Sparzwang. Bildung und Soziales sind das Erste, was nun dem Aufrüstungswahnsinn und der „Kriegstüchtigkeit“ zum Opfer fällt. Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit stellen ohnehin als zuwendungsfinanzierte „freiwillige Aufgabe“ ein nur sehr marginales Angebot der Jugendhilfe dar, da droht immer der Sparhammer. Mein Eindruck ist, dass Migranten in der Vereinsarbeit im Landkreis nur eine sehr untergeordnete Rolle spielen. Es gibt tolle individuelle Initiativen – mir ist noch ein großer Sportverein in Luckenwalde in Erinnerung, der sich sehr aktiv um zwei unbegleitete minderjährige Geflüchtete gekümmert hat – aber solche Ansätze sind eher zufällig und örtlich gebunden in der Nähe von Flüchtlingseinrichtungen zu finden.

Wo siehst du das I-KU in zehn Jahren?

Keine Ahnung, ehrlich gesagt. In zehn Jahren gehe ich allmählich auf die achtig zu, da könnte der Rebschnitt doch etwas mühsam werden. Und da geht es mir ja nicht allein so. Wir haben einfach Nachwuchsprobleme – wie die meisten Vereine. In den nächsten Jahren muss es uns gelingen, mehr engagierte Leute zu gewinnen, die unseren Verein als nachfolgende Generation weiterführen. Wir müssen auch neue Wege ausprobieren, etwa Kontakte mit dem jungen „alternativen“ Milieu suchen (Food- und Supermarktkooperativen), uns wieder neu erfinden und unser Angebot diversifizieren (wie z.B. „Kino auf dem Weinberg“) und nicht einzig auf das Label „Weinberg“ setzen. Auch, wenn es noch so schön ist.