Zwischen Landschaftsnutzung und Naturschutz:
Ein Interview mit den Baruthern Sarah und Kristian Tost

Sarah Tost
- in Baden-Württemberg geboren
- nach Abitur zunächst Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ), anschließend Ausbildung zur Gärtnerin für Garten- und Landschaftsbau
- anschließend Studium „Landschaftsnutzung und Naturschutz“ an der HNEE Eberswalde
- seit 2009 als Ökologische Gutachterin / Landschaftsplanerin bei der Natur+Text GmbH tätig. Schwerpunkte: Vögel, Waldameisen, ökologische / umweltbiologische Baubegleitung
- seit 2013 wohnhaft in Baruth
- Ehrenamtlich engagiert: Umweltbildung, Fledermausschutz und -pflege, Landesfachausschuss Säugetierkunde des NABU
- weitere Hobbys: Gärtnern, Singen
Kristian Tost
- in Brandenburg geboren
- nach dem Abitur Ausbildung zum Gärtner für Garten- und Landschaftsbau
- danach Studium „Landschaftsnutzung und Naturschutz“ an der HNEE (früher FH) Eberswalde
Sarah und Kristian leben und lieben Nachhaltigkeit – vor allem aber mögen sie es konkret. Als Diplom-Ingenieurin bzw. Bachelor of Science für Landschaftsnutzung und Naturschutz erstellen sie ökologische Gutachten, kartieren Baugelände oder stellen auf Großbaustellen den Artenschutz sicher. Sie kümmern sich um Ameisen, Fledermäuse, Vögel und Reptilien – und engagieren sich im Ehrenamt für das Gemeinwohl der Kommune Baruth. Im Interview redet das Power-Paar über bürgerschaftliches Engagement, lokale Netzwerke und die Schnittstellen zwischen Landschaftsgärtnern, Landschaftsplanern und Artenschützern.
Kristian und Sarah, ihr seid vor 13 Jahren nach Baruth gezogen und ich kann mich noch genau an euren öffentlichen Aushang erinnern, in dem ihr nach Helfern für die Sanierung eures Hauses mit Lehm, Stroh und Holz gesucht habt. Sowohl die Baumaßnahme als auch der Ansatz sogenannter „Mitmachbaustellen“ waren für damalige Verhältnisse auf dem Land einigermaßen ungewöhnlich. Wie hat es euch nach Baruth verschlagen?
Wir haben uns während des Studiums in Eberswalde kennengelernt und sind danach beim Büro „Natur+Text“ in Rangsdorf eingestiegen. Für uns war schnell klar, dass wir im südlichen Brandenburg sesshaft werden wollten und deshalb machten wir uns auf die Suche nach einem geeigneten Haus, das nicht zu weit entfernt von unserem Arbeitsplatz liegen und mit der Bahn erreichbar sein sollte. Schließlich fanden wir dieses wunderbare Haus in Baruth, am Ortsausgang auf dem ersten Hügel des Fläming und nahe am Weinberg gelegen. Uns gefiel die Gegend, außerdem verfügt Baruth über eine gute Infrastruktur mit Schule, Kita, Ärzten und Einkaufsmöglichkeiten. Pünktlich zu der Entscheidung für Baruth wurde Sarah dann auch schwanger. Und das mit der Renovierung und den ökologischen Baustoffen hat sich ganz logisch entwickelt, da wir das Haus von Anfang an möglichst nachhaltig modernisieren wollten.
Ihr seid beide gelernte Landschaftsgärtner und habt dann in Eberswalde Landschaftsnutzung und Naturschutz studiert. Was kann man sich darunter vorstellen?
Dieses Studium ist nicht auf ein bestimmtes Berufsfeld festgelegt, sondern auf verschiedene Bereiche ausgerichtet. Es qualifiziert für ganz unterschiedliche Tätigkeiten in der Umweltbildung, der Landschaftsnutzung, in Naturschutzbehörden oder auch im nachhaltigen Tourismus. Wir sind mit unserer Ausrichtung keine klassischen Landschaftsplaner, sondern diejenigen, die bei der Planung für Artenschutz (und Naturschutz) zuständig sind. Wenn man so will, sind wir die Anwälte der Tiere – in unseren konkreten Aufgabenbereichen geht es vor allem um die Umsiedlung von Waldameisen, Ersatzmaßnahmen für Fledermäuse, Vögel oder Reptilien, wie z. B. Zauneidechsen oder Schlingnattern.
Im Idealfall ist es so, dass wir hinzugezogen werden, bevor ein Gebiet erschlossen wird und ein Bebauungsplan entsteht. Wir kartieren das Gelände, schauen, ob bestimmte Tierarten umgesiedelt werden, oder beispielsweise bei Vögeln Ausweichmöglichkeiten zum Nisten geschaffen werden müssen. Wir kümmern uns also um einen Interessensausgleich zwischen den Tieren und den Vorhabenträgern.
Vor ungefähr zwei Jahren hast du, liebe Sarah, mit den „barutherGARTENfreunden“ eine großartige Initiative gestartet. Wie kam es dazu und worum geht es da genau?
Irgendwann berichtete mein Schwager von einem neuen Angebot der Stadtbibliothek Buchholz i.d.N. , wo nicht nur Bücher ausgeliehen werden können, sondern auch Saatgut. Man leiht also Saatgut aus, pflanzt selber und bringt dann die daraus entstandenen neuen Samen wieder zurück in die Bibliothek. Die Idee hat mich sofort begeistert und ich habe meiner Freundin Anne Pfeifer davon erzählt. Die erste Überlegung war es, in Kooperation mit der Baruther Bibliothek etwas Ähnliches auf die Beine zu stellen. Aber angesichts der Tatsache, dass die Bibliothek mehr oder weniger ehrenamtlich betrieben wird, haben wir die Idee wieder verworfen. Der Aufwand wäre zu groß gewesen. Stattdessen haben wir uns die Variante mit einer Saatgut- und Pflanzen-Tauschbörse überlegt: Interessierte Baruther*innen und Pflanzenliebhaber*innen treffen sich in regelmäßigen Abständen und tauschen Schätze aus ihren Gärten aber auch Wissen aus. Inzwischen ist das Netzwerk auf 47 Mitglieder angewachsen; die Treffen finden dreimal jährlich statt. Ende Januar bis Anfang Februar startet die Saison mit einem Saatgut-Tausch, Ende April können insbesondere gezogene Jungpflanzen getauscht werden und im Herbst findet ein weiterer Pflanzentausch statt. Der Erntezeit entsprechend sind hier neben geteilten Stauden auch oft Marmeladen oder Chutneys im Tauschangebot.
Die Treffen machen jedesmal großen Spaß. Da (fast) alle Teilnehmenden einen eigenen Garten haben, ist natürlich auch viel Wissen rund um Pflanzen und Natur in der Gruppe vorhanden. Jedes Mitglied hat eigene Schwerpunkte und Interessen, so dass ein echter Mehrwert für alle entsteht.
Kristian, du bist Sachkundiger Einwohner im Werksausschuss der Kommune und als solcher ein berufener Ansprechpartner für Themen rund um Wasser. Was bedeutet das konkret?
Die sachkundigen Einwohner sind berufene Bürger, die die Arbeit der Stadtverordneten in den Ausschüssen ehrenamtlich unterstützen. Sie haben kein Stimmrecht, aber Rederecht, d. h. sie beraten die kommunalen Vertreter in fachlicher Hinsicht und bringen ihre Expertise ein. Bis zur Kommunalwahl im vergangenen Jahr war ich diesbezüglich im Bauausschuss aktiv und konnte aufgrund meiner beruflichen und privaten Erfahrungen einen entsprechenden Beitrag leisten. Seit 2024 bin ich im Werksauschuss des WABAU, das ist etwas kleinteiliger. Die hier diskutierten Fragen drehen sich weniger um das – gerade für Baruth – wichtige Thema Wasser allgemein, sondern eher um konkrete Anwendungsbeispiele, z. B. eine private Kleinkläranlage oder eine Industriekläranlage für das Baruther Industriegebiet.
Als junge Familie habt ihr euch Baruth als Wohn- und Lebensort ausgesucht. Was sind eure Wünsche an Baruth für die Zukunft? Welche Gestaltungsspielräume sollten in den kommenden Jahren mehr genutzt werden und wo würdet ihr euch gerne einbringen?
Sarah: Ein Wunsch von mir ist, dass Baruth als nachhaltige Kommune den Nachhaltigkeitsgedanken mehr lebt. Das gilt für den gesamten Baubereich, aber auch für Gärten und öffentliche Grünflächen.Man könnte zum Beispiel lokale Aktionen zur Förderung der Artenvielfalt umzusetzen, etwa im Herbst gemeinsam mit Anwohnern oder Schulklassen Blumenzwiebelsteckaktionen auf öffentlichen Grünflächen starten, damit im Frühling mehr Bunt auf den Wiesen zu sehen ist. Oder auch mehr Aufklärungsarbeit leisten, was die weit verbreiteten Schottergärten angeht. Diese Steinwüsten in den Vorgärten tragen zu einer zunehmenden Versiegelung der Böden bei und stehen im Widerspruch zum Naturschutz. Kristian:
Kristian: Ich wünsche mir für die Zukunft, dass die Bürgerinnen und Bürger sich mehr für gemeinschaftliche Belange interessieren. Im Moment ist der soziale Zusammenhalt nicht sehr groß. Jeder macht seins. Darüber hinaus gibt es wenig Interesse sich füreinander einzusetzen, Dinge zu gestalten, die für die Bevölkerung Relevanz haben und einen Mehrwert schaffen. Ich erinnere mich an den Frühjahrsputz vor einigen Wochen, der vom Ortsbeirat organisiert wurde. Bei dieser Putzaktion machten nur ungefähr 12-15 Leute mit, was bei einer Einwohnerzahl von rund 2.500 Einwohnern in der Kernstadt Baruth ein verschwindend kleiner Teil ist. Hinzu kommt, dass es immer die Gleichen sind, die sich an solchen gemeinwohlorientierten Maßnahmen beteiligen. Da würde ich mir ein Umdenken wünschen, das von entsprechenden Anreizen der Stadt unterstützt werden könnte.
Unser gemeinsamer Wunsch für die nächsten 10 Jahre Baruth ist es, dass jeder von uns und wir alle gemeinsam etwas tun, um die Welt bunter, vielfältiger und nachhaltiger zu machen!